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L. MOHOLY-NAGY
PRODUKTION – REPRODUKTION

Wenn wir die menschliche Ausdrucks- und Formungsweise in der Kunst und den ihr naheliegenden anderen (Gestaltungs-) Gebieten richtig verstehen und zu einem Weiterbau kommen wollen, müssen wir die erfüllenden Faktoren: den Menschen selbst und die in seiner gestaltenden Tätigkeit von ihm angewandten Mittel untersuchen.
Der Aufbau des Menschen ist die Synthese aller seiner Funktionsapparate, d.h. daß der Mensch in seiner Periode dann der vollkommenste ist, wenn die ihn ausmachenden Funktionsapparate — die Zellen ebenso wie die kompliziertesten Organe — bis zur Grenze ihrer Leistungsfähigkeit bewußt bezw. ausgebildet sind.
Die Kunst bewirkt diese Ausbildung — und das ist eine ihrer wichtigsten Aufgaben, da von der Vollkommenheit des Aufnahmeorgans der ganze Wirkungskomplex abhängt — in dem sie zwischen den bekannten und den noch unbekannten optischen, akustischen und anderen funktionellen Erscheinungen weitgehendste neue Beziehungen herzustellen versucht und deren Aufnahme von den Funktionsapparaten erzwingt. Es liegt in der menschlichen Eigenart, daß die Funktionsapparate nie zu sättigen sind, sondern nach jeder neuen Aufnahme zu weiteren neuen Eindrücken drängen. Das ist die Ursache der immer bleibenden Notwendigkeit neuer Gestaltungsversuche. Unter diesem Aspekt sind die Gestaltungen nur dann zunutze, wenn sie neue, bisher unbekannte Relationen produzieren. Damit ist gesagt, daß die Reproduktion (Wiederholung bereits existierender Relationen) aus dem besonderen Gesichtspunkt der Gestaltung im besten Falle nur als virtuose Angelegenheit zu betrachten ist.
Da vor allem die Produktion (produktive Gestaltung) dem menschlichen Aufbau dient, müssen wir versuchen, die bisher nur für Reproduktionszwecke angewandten

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